Skip to main content
  • Auf ein selbstgebrautes Bier mit den Bewohnern in einer Wellblechhütte, Township Khayelitsha.

    Township
  • Beinahe jeden Nachmittag zieht eine dichte Wolkendecke über das Hochplateau, um dann spektakulär über die Abbruchkante zum Meer hinab zu stürzen.

    Der Tafelberg

Kein Reiseführer ist wirklich in der Lage, einen darauf vorzubereiten, was einen in Kapstadt erwartet.

Das 2inn1 Kensington
Das außergewöhnliche Gästehaus unter deutscher Leitung liegt in einer ruhigen Straße im Stadtteil Oranjezicht und besteht aus zwei Teilen: einer über 100 Jahre alten viktorianischen Villa und einem modernen Bungalow, die durch Garten und Swimming Pool getrennt sind. Modern und etwas eigenwillig eingerichtet, kombiniert mit Top Service, ist es aber diese besondere Herzlichkeit und Gastfreundschaft, die das 2inn1 auszeichnet.
Wir bekommen ein Handy, nicht nur als Not-Telefon, sondern auch, um uns bei Bedarf jederzeit ein Taxi rufen zu können. Denn wir werden darauf aufmerksam gemacht, dass man sich nach Sonnenuntergang nicht einfach so in der Stadt bewegen sollte. Zum Abendessen lassen wir uns nach Camps Bay fahren und sind begeistert vom Codfather Seafood & Sushi - ein Restaurantkonzept, bei dem man an der Theke an der offene Auslage sein Abendessen individuell zusammenstellen kann und das dann in der Küche professionell zubereitet wird.

Downtown Kapstadt

Entspannt durch die City

Wir schlendern durch die Company's Garden am Regierungsviertel vorbei, besuchen den Green Market Square und den African Market auf der Long Street, die mit vielen Gebäuden im georgianischen und viktorianischen Stil (vielfach noch mit schmiedeeisernen Balkongeländern an ihren Fassaden), beeindruckt.
Anny wird auf den Märkten fündig und unterstützt verschiedene lokale Künstler mit dem Erwerb von Ringen, Armreifen und Ohrgehängen. Für Micha gibt es noch ein oder zwei fein geschnitzte Holzschalen - nur bei einer Hummeldumm Giraffe à la Tommy Jaud sind wir uns einig, dass wir so etwas zu Hause nicht benötigen.
Wir nehmen einen ‘Hop-on/hop-off Doppeldecker-Bus’, der uns kostengünstig durch die ganze Stadt kutschiert. Auf dem Oberdeck haben wir eine gute Übersicht und lernen über die Kopfhörer einiges über die Stadt und ihre Geschichte. So fahren wir nach Camps Bay, laufen über den Strand, dann geht’s weiter über Clifton nach Sea Point. Überall haben wir bequem Zeit, denn wir können ja jederzeit den nächsten Bus nehmen.
An der V&A Waterfront mit ihren Shopping Malls und Restaurants kann man viel Zeit verbummeln, aber da der Himmel etwas aufmacht, haben wir den Tafelberg im Blick! Wir haben uns ein Online-Ticket besorgt, das wir jederzeit einlösen können und wir beschließen, es jetzt zu versuchen.
Auf dem Weg dorthin kommen wir an Bo-Kaap (Malaienviertel/Islamviertel) vorbei, ein Stadteil, der sich zwischen dem Stadtzentrum und dem Hang des Signal Hill befindet. Die knapp 6.000 Menschen im Viertel haben die Fassaden ihre Häuser in unterschiedlich grellen Farben gestrichen und leuchten nun wunderbar in der Abendsonne.

Der Tafelberg ist der Ausläufer einer Bergkette auf der circa 52 km langen und bis zu 16 km breiten Kap-Halbinsel.

Der Tafelberg

Die Fahrt mit der Seilbahn ist kurz, aber spektakulär!

Wir werden auf knapp 1.000 Meter gebracht und das Panorama, das sich unter uns entfaltet ist gigantisch.

Die berühmte Wolkendecke, die Nachmittags über das Plateau geschoben wird, fällt an der steilen Bruchkante ins Tal und wir starren gebannt auf das liebevoll genannte 'Tablecloth' wie es hier genannt wird. Feuchte Luftmassen, die vom offenen Meer her den Tafelberg als erstes Hindernis überströmen, werden somit zum Aufstieg (und damit zur Abkühlung) gezwungen, während sich an den Nord- und Westhängen des Berges ein trockenwarmer Fallwind bemerkbar macht und die Wolken quasi über das Plateau hinwegzieht.
Wir genießen die Aussicht und lassen das Phänomen in Ruhe auf uns wirken.
Sevruga Restaurant
Heute probieren wir das Sevruga Restaurant an der Waterfront und werden mal wieder nicht enttäuscht! Feines Essen, feine Location und obwohl das Restaurant komplett ausgebucht war, bemühte sich das gesamte Personal liebevoll um die Gäste. Etwas gewöhnungsbedürftig finden wir den Umgang des Personals untereinander: Ein schwarzer Kellner nimmt unsere Bestellung auf, bringt Wasser und Brot und räumt ab - aber der weiße Kollege bringt und präsentiert dann die Speisen.
So ganz verschwunden ist die Apartheid wohl doch noch nicht. Hier und da macht sich das alte System noch bemerkbar. Niedrige Dienstleistungen sind nie von Weißen besetzt. Und im Zentrum der Stadt wohnen diese auch unter sich in schwer gesicherten Festungen. Deren Angestellte pendeln dann meist in überfüllten Kleinbussen aus den umliegenden Townships, aus denen ab und an dann schon einmal jemand von der Ladekante fällt und auf dem Freeway vom Verkehr überrollt wird. Aber das scheint hier niemanden zu stören, denn so ist das hier eben. Echt krass, finden wir und buchen eine Township Tour, um uns das mal genauer anzuschauen.

Township Tourismus

Jedes Jahr ziehen an die Tausende von Urlaubern durch die Townships, nur um beim Betreten einer Wellblechhütte aus ihrer Luxuswolke zu fallen. Und wir merken, wie einen so eine knallharte Konfrontation mit der elendigen Realität überfordert, denn wir wissen überhaupt nicht, wie man mit diesen Eindrücken umgeht.
Wir gehen auf Menschensafari - manche halten unseren Ausflug für reine Armutspornografie.
Wobei man sagen muss, dass den meisten Bewohnern unsere Anwesenheit am Allerwertesten vorbeigeht. Aber wir werden teilweise auch mit Stolz empfangen und die Menschen lassen sich auch fotografieren, wenn man sie freundlich fragt.
Unser Ausflug ist sicherlich kein Beitrag zur Reduzierung der Armut - wie auch. Unser Guide Thando erhält ca. die Hälfte der Tour-Kosten als Lohn. Dann gehen noch ein paar Münzen an die Familien, die ihre Türen für uns öffnen und 10-20% gehen an gemeinnützige Einrichtungen in Thandos Nachbarschaft, wie z.B. eine Grundschule. Uns ist schon klar, das hilft in keinster Weise, die wirtschaftlichen oder sozialen Ungleichheiten zu verändern. Aber es öffnet Augen und erweitert den Horizont. Wir sind fasziniert von dem blütenweissen T-Shirt unseres Guides, der uns mit in sein Viertel nimmt.
Distrikt 6 Museeum
Im Distrikt 6 Museum beginnt unsere Tour und wir lernen die unfassbare Geschichte der politisch motivierten Ausgrenzungspolitik. Das Gebiet wurde vor allem von freigelassenen Sklaven, Händlern, Künstlern, Arbeitern und Immigranten bewohnt, da es nahe dem Stadtzentrum und dem Hafen gelegen war. Der als multiethnisches, kulturelles Zentrum geltende Stadtbezirk wurde in den späten 1960er Jahren gewaltsam geräumt und abgerissen, denn es brauchte Platz für ein neues Wohnviertel für Weiße.
Die landesweite Vertreibung oder 'urbane Umsiedelung' der vormaligen Bevölkerung legte den Grundstein für eine deutliche, geografische Abgrenzung zwischen den 'weißen' und 'nichtweißen' Einwohnern. Die Apartheidsregierung teilte die nicht weiße Bevölkerung in unterschiedliche Farben ein und verteilte diese entsprechend auf verschiedene Teile vor den Toren der Stadt, in sog. 'buffer zones', nur möglichst weit weg vom weißen Mann. Durch mehrfache Zwangsumsiedelungen verloren die damaligen Bewohner letztendlich ihren kompletten Besitzstand und wurden mittellos. Und so muss man sich heute dann nicht wundern, wenn man die Auswirkungen einer solch menschenverachtenden Politik sehen muss.

Betrübt nehmen wir zu Kenntnis, dass die Metzger, von denen die Schlachtabfälle stammen, die irgendwo in der Sonne vor sich hingammeln, tatsächlich noch Geld für diesen Dreck verlangen.

Langa
Für den ersten Schock zeigt Thando uns in Langa, wie Frauen mit glühendem Eisen das Fell von Schafsköpfen absengen, damit man die Köpfe auskochen kann. Überall liegt Unrat, der Müll bleibt eben dort liegen wo er hinfällt - nirgends ist die Selbstaufgabe der Menschen so sichtbar wie hier. Hygiene und Krankheiten sind offensichtlich ein problematisches Thema, gut dass die Regierung öffentliche Toiletten (Dixi-Klos) mit kostenlosen Kondomspendern aufgestellt hat. Wir lernen die unterschiedlichen Stufen der Unterbringungen kennen, die von den Wellblech-Hütten, über sozialen Wohnungsbau mit einem Raum + Küche für 8-12 Personen, bis hin zu kleinen Häusern mit Stellplatz reichen. Von Blech zu Stein mit Wasser und Strom bis zu mehr Räumen für Privatsphäre - das ist die zu erklimmende Sozialleiter, die Motivation der Menschen hier.
Uns werden die staatlichen Unterbringungen gezeigt und wir können uns kaum vorstellen, dass so viele Menschen auf einem Fleck wohnen können. Thando zeigt uns, wo er wohnt: Es ist ein beklemmend kleiner Raum, der total überfüllt ist. In der Küche sitzt ein Teil der Familie, wir können uns nicht vorstellen, wie hier so viele Menschen nachts auf dem Boden schlafen können. Wir gehen weiter, und draußen springen überall Kinder herum und warten darauf, fotografiert zu werden. Die kleinen fangen an für die Bilder zu posen, also nehmen wir uns die Zeit, ein paar Bilder von ihnen zu machen. Gleich in ganzen Scharen werden dann die Bilder auf dem Display der Kamera begutachtet, ohne das dutzende von kleinen Schmutzfingern die Ausrüstung und den Fotografen betatschen und begrapschen. Wir bekommen die Schule gezeigt, die wir indirekt mit unserem Beitrag unterstützen.
Danach geht es zu den Ärmsten der Armen. Rudimentäre Behausungen oder Baracken aus dem Müll der Zivilisation erstellt und mit Hoffnung auf ein besseres Leben zusammengehalten. Wir sind ein wenig perplex, als Thando eine der Türen an einem Bretterhaufen öffnet und uns herein bittet. Wir befinden uns in der 'Dorfkneipe' und lassen uns zwischen den Einheimischen nieder. So hocken wir auf den Resten einer Obstkiste oder einfach nur auf einem Brett, gehalten von ein paar Ziegelsteinen und beäugen recht kritisch den schäumenden Inhalt eines Farbeimers, der uns nun gereicht wird. Der Eimer geht reihum und unter dem freundlichen Grinsen der Anwesenden probieren wir einen Schluck vom lokalen Bier!

Wind treibt uns Dreck in die Augen.

Jetzt geht es ans Eingemachte: Der Begriff 'Wellblech-Hütte' wird hier stark gedehnt - dass hier wirklich Menschen wohnen sollen, schockiert uns.
Khayelitsha
Wir wechseln das Township - es geht nach Khayelitsha (Xhosa = „Neue Heimat“), mit ca. einer Mio. Einwohnern das größte Township. Es wirkt um einiges 'moderner‘, als was wir bisher gesehen haben, denn hier hat man sich bemüht, von Anfang an eine Struktur aufzubauen, die Geschäftszentren, Kirchen, Schulen, asphaltierte Straßen u.a. mit einschließt. Das ist zwar auch nicht in allen Bereichen gelungen, denn Holz- und Blechhütten gibt es schon wieder zur Genüge, und täglich kommen neue hinzu. Die Landflucht ist auch hier nicht zu bremsen. Wir besuchen ein Bed & Breakfast und die Wirtin Vicky erklärt uns, dass man sich hier um die Sicherheit auch nicht sorgen müsse, denn 'my community is my security' beteuert sie. In der Tat sieht es hier ein wenig besser aus. Aber alles fern von dem, was wir für menschenwürdig halten.
Die Regierung ist mit einer Aufgabe betraut, die so gut wie überhaupt nicht zu lösen ist. Versuche, die Infrastruktur zu verbessern oder die Menschen materiell und finanziell zu unterstützen, fühlen sich bei der schieren Masse an Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, lediglich wie ein Tropfen auf den heißen Stein an. Denn trotz intensiver Housing Programme seitens der Regierung gibt es lange Wartelisten für die neuerrichteten Häuser aus Stein. Wir sind froh, dass wir so nahe mit und an den Menschen waren, dass wir einen intensiven Einblick in die unmittelbaren Auswirkungen der Apartheid bekommen haben. Beschämt über die Tatsache, wie gut es uns im Vergleich geht, treten wir den Heimweg an.
Heute Abend ist uns der Hunger vergangen, dennoch finden wir uns zum Sonnenuntergang auf dem Signal Hill ein und beobachten, wie die Stadt am Tafelberg erst rot gefärbt wird und danach langsam überall die Lichter angehen.

Wellblechhütten bis zum Horizont – und das nach allen Seiten. Stromleitungen werden hier einfach illegal verlegt und hundertfach angezapft.

Ein Tag am Kap

Kalk Bay | False Bay | Cape Point | Chapman's Peak

Wir machen uns heute früh auf den Weg nach Kalk Bay an den St. James Beach und seinen farbenfrohen Umkleidekabinen und schlängeln uns an der Südwestküste der Falsebay entlang, bis wir an den Boulder Beach mit seiner Pinguinkolonie kommen.
Auf der M4 nehmen wir dann den Abzweig in den Cape of Good Hope Table Mountain National Park. Der Cape Point ist natürlich ein Tourismus-Magnet, aber wir kommen mit den Menschenmassen gerade noch zurecht. Zum Cape Point Lighthouse gleicht der Menschenstrom einer Ameisenstraße, auf dem schmalen Weg zum Cape Point sind wir aber fast unter uns. Wir haben ein fantastisches Wetter und eine tolle Fernsicht!
Natürlich fahren wir gegen Mittag an das berühmte, aber total überfüllte Schild am Strand des Kaps der guten Hoffnung. Endlos spucken hier die Reisebusse in einer faszinierende Regelmäßigkeit wieder und wieder Touristen im 50er Paket auf den Parkplatz, um ein Selfie mit dem Schild zu machen. Das Prozedere ist wirklich faszinierend zu beobachten!
Über die Kaphalbinsel geht es wieder zurück in Richtung Kapstadt. Es gibt überall wunderschöne Fleckchen zum Anhalten und fotografieren. Im Anschluss geht es noch den neun Kilometer langen Chapman's Peak Drive entlang, der sich in 114 Kurven zwischen Meer und steilen Felswänden nach Hout Bay schlängelt. Über Camps Bay fahren wir wieder zurück zum 2inn1.

Wir entfliehen dem endlosen Strom von Touristen am Kap der guten Hoffnung (Cape Point) und ziehen wieder weiter nach Westen, zurück in die Metropole an der Südspitze Afrikas.

Fusion & Sushi Tempel
Am Abend geht es in das Szene-Restaurant Beluga; und das ist der Hammer! Der Fusion & Sushi Tempel ist umgeben von Modelagenturen und Filmproduktionen - hier trifft sich die Schickeria der Stadt. Sehen und gesehen werden lautet die Devise. Aber auch die erlesenen Speisen lassen sich sehen! Um die knapp 160 Plätze muss man hart kämpfen, aber man wird belohnt mit einer Cocktail-Bar, einer Lounge und einem Café im Innenhof des Foundry-Gebäudes.
Auf der Speisekarte stehen neben Ente, Lamm, Rind und Schwein schmackhafte Krustentiere wie Krabben, Muscheln und Langusten und natürlich alle Spezialitäten, die die asiatische Küche hergibt. Micha bestellt eine Runde Dim Sums, die in kleinen Bastkörbchen absolut authentisch serviert werden, dazu knabbern wir an Sushi und belohnen uns mit natürlich noch mit einem Stück Fleisch, das hier ja perfekt zubereitet wird.

Mpumalanga

Blyde River NP | Krüger NP

Die Lichter einer faszinierender Metropole – gesehen vom Signal Hill aus über Bo-Kaap und Gardens.

Gedanke

Die Welt ist schizophren.

Und die Menschen schlecht. Viel anders kann man dieses kaputte, menschenverachtende System in Südafrika nicht erklären. Es kann einem gesunden Geist einfach nicht vermittelt werden, wie hartnäckig auch daran festgehalten wird.
Wohl dem, der nicht in der Scheiße steckt (...)